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Zahnwechsel und Beißhemmung

Wir machen gerade eine schwierige Phase durch. Wir? Ja, wir!

Cato hat seinen ersten Zahn verloren als er auf den Tag genau vier Monate alt war. Da man sagt, dass Labradorwelpen ab dem vierten Lebensmonat mit dem Zahnwechsel beginnen, haben wir in ihm einen typisch Deutschen: Pünktlicher geht es ja kaum.

Wir waren gerade im Wald spazieren und hatten nicht einmal einen Ball, Dummy oder ein anderes Spielzeug dabei, als mir aufgefallen ist, dass der kleine Mann etwas zwischen den unteren beiden Schneidezähnen hängen hatte. Da er viel buddelt und jeden Matsch einmal probieren muss, dachte ich, es sei Erde (wie so oft!). Tatsächlich habe ich dann die erste Zahnlücke unseres Kleinen entdeckt. Ich weiß nicht mehr, wieso ich deshalb so aus dem Häuschen war aber es hat mich doch schon sehr gefreut!

Als Cato erst ein paar Wochen alt war, konnte ich es gar nicht abwarten, bis er erwachsen wird. Einerseits war ich so gespannt darauf, jeden Entwicklungsschritt mitzuerleben und andererseits hatte mir jeder gesagt, es würde mit der Zeit alles einfacher werden. Inzwischen – Cato ist ein halbes Jahr alt – wünsche ich mir, er wäre nicht so schnell gewachsen. Es ist, als hätte man ein menschliches Baby und würde alles im Zeitraffer miterleben. An einem Tag fällt noch der erste Schneidezahn aus und am nächsten ist der richtige Zahn schon halb nachgewachsen. Es geht alles so furchtbar schnell!

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Ich habe den Eindruck, von ihm als Welpe zu wenig Fotos und Videos gemacht zu haben und jetzt, gerade mal drei Monate später, kann mir niemand mehr den kleinen Baby-Cato zurückgeben. Dafür genieße ich jetzt jede einzelne Sekunde und schieße so viele Fotos wie möglich. Gerade zehre ich davon, dass er neben mir liegt, ganz eng an mich geschmiegt, leise schnarcht und wir am Sonntagmorgen um halb zehn gemeinsam fernsehen. Es ist wunderschön!

Aber zurück zum Thema: Der erste Zahn war also irgendwann auf der Morgenrunde ausgeflogen, hatte sich ins Nirgendwo verabschiedet. Vielleicht hat Cato ihn auch einfach verschluckt, wer weiß. Noch am selben Abend sind der Nachbarzahn und die beiden oberen Schneidezähne ebenfalls spurlos verschwunden. Ich hätte mich durchaus gefreut, seine Milchzähnchen aufheben zu können, das gebe ich zu. Einen Tag später waren die nächsten ausgefallen und die neuen schneeweißen Zähne sprossen bereits in Windeseile nach. Ich kann es nur immer wieder betonen: Es geht alles so schnell!

Es war ein ewiges Hin und Her. Ich wünsche mir, dass er noch eine Weile klein bleibt, klar. Aber gleichzeitig hoffe ich, dass er endlich seinen Zahnwechsel vollzogen hat. Meine Kleider (vor allem die Ärmel, Hosenbeine, Socken und der Jackensaum) haben ziemlich unter den irrsinnig spitzen Eckzähnen gelitten. Als Cato ganz frisch bei uns war und somit gerade einmal zwei Monate alt, hat er sich mit der Beißhemmung besonders schwer getan. Von seinen Geschwistern weiß ich, dass sie wesentlich schneller begriffen hatten, dass sie nicht so fest zubeißen durften. Cato hat dafür fast einen Monat gebraucht. Im Nachhinein wäre es vielleicht besser gewesen, wenn er einen Spielkameraden gehabt hätte. Immer wieder habe ich mir Tipps aus dem Internet und von anderen Hundebesitzern geben lassen:

„Du musst ein besonders hohes Geräusch machen, wenn er beißt. Dann glaubt er, er hat einem anderen Welpen wehgetan.“ Aber Cato ist nicht dumm. Er weiß, dass ich kein Welpe und auch kein Hund bin. Er hat also weiterhin gebissen, egal wie ich laut ich gequietscht habe.

Ein weiterer Tipp: „Du musst ihn zwicken, damit er das Beißen mit einem Schmerz verbindet.“ Ja, das hätte vielleicht funktionieren können. Aber ich konnte dem kleinen Wurm nicht absichtlich wehtun. Er hat meine Versuche, ihn zu zwicken, als Spiel verstanden und biss aus Spaß nur noch fester zu. Das klingt brutal aber ein zwei Monate alter Welpe beißt nicht wie ein ausgewachsener aggressiver Hund es tun würde. Wenn die Eckzähne auch spitz sind, er hat nicht die Kraft, einem wirklich wehzutun, hinterlässt aber dennoch brennende Kratzer auf den Unterarmen. 

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Ein kurzer Exkurs

Es heißt oft, dass man einen Welpen auf gar keinen Fall bestrafen und nur mit Belohnungen arbeiten sollte. Wenn man es ganz genau nimmt, scheiden sich die Geister diesbezüglich wie sie es vermutlich bei Erziehungsratgebern für Menschen tun. Ich persönlich will Cato nicht bestrafen und erst Recht möchte ich ihm nicht wehtun. Mir ist auch klar, dass gerade bei einem Labrador Belohnung viel mehr hilft, als Bestrafung. Ich habe mir lange Gedanken darüber gemacht wie ich mit Cato vorgehen möchte. 

Grundsätzlich muss das jeder für sich entscheiden. Hundeerziehung ist außerdem etwas sehr Persönliches zwischen Halter und Hund, deswegen sind das hier nur meine Erfahrungen wie es bei uns funktioniert.

Ich will und werde Cato nicht für ein Verhalten bestrafen. Hunde verknüpfen eine Bestrafung oder Belohnung nur dann mit einem Verhalten, wenn sie eine Sekunde danach erfolgt. Ich habe für mich beschlossen, dass es ausreicht, wenn wir Cato „korrigieren“ aber das sehr deutlich und konsequent. Ich bestrafe ihn nicht, indem ich ihm die Leckerchen verweigere oder ihn weniger streichle. Stattdessen korrigiere ich ihn direkt nach dem Verhalten, dass ich nicht mehr haben möchte. Zudem habe ich sehr intensiv die beiden Kommandos „Aus“ und „Nein“ geübt, wobei ich strickt zwischen beiden unterscheide. „Aus“ bedeutet, dass er etwas im Fang hat, was dort nichts zu suchen hat und er sein Maul öffnen soll. Das Kommando habe ich gewählt, weil es in so vielen Situationen angewandt werden kann. Wenn Cato beispielsweise meinen Ärmel anknabbert, Teppichfransen zerkaut oder aber im Wald etwas vom Boden aufnimmt, was besser im Wald bleibt, bewirkt das Kommando „Aus“, dass er davon ablässt. Für Cato ist es ein schwieriges Kommando, weil er alles mit dem Maul entdecken will und ich möchte ihm das auch nicht komplett verwehren. Aber ich achte streng darauf, ob er beißt oder nur „entdeckt“. Das Kommando „Nein“ wird von vielen für dasselbe benutzt, bedeutet für mich aber etwas anderes: Wenn ich Cato „Nein“ sage, dass tut er etwas, das er nicht soll. Beispielsweise springt er unsere Küchentheke oft an, weil er dort sein Fressen vermutet. Da macht es natürlich einen Unterschied, ob ich „Nein“ sage, denn dann soll er sein Verhalten abbrechen, oder „Aus“. In dem Fall würde ihn „Aus“ vermutlich verwirren, weil er gerade nichts im Maul hat, was er fallen lassen könnte. Beide Kommandos unterstützen meine Strategie der Erziehung, dauern aber im Aufbau (zumindest bei Cato) lange und brauchen sehr viel Konsequenz. Das Problem mit der Konsequenz ist, dass es Situationen gibt, in denen ist einem als Mensch gar nicht klar, dass man gerade inknsequent ist und seinen Hund verwirrt. Wieso ist es okay, wenn Cato meinen alten Hausschuh zerkaut aber nicht einen Neuen? Wieso ist es okay, wenn er an mir hochspringt aber nicht an anderen? Man muss sich über sein eigenes Verhalten mindestens genauso viele Gedanken machen wie um seines und immer wieder hinterfragen, ob das zu den selbst aufgestellten Regeln passt. Cato versteht natürlich nur, was ich von ihm möchte, wenn ich eindeutig mit ihm bin.

Das Beißen haben wir letzten Endes nur durch ewige Konsequenz in den Griff bekommen: Wenn wir gekuschelt haben und er anfing, mein Handgelenk in sein Maul zu nehmen, habe ich das als Zeichen der Zuwendung bzw. des Versuchs mich kennenzulernen verstanden und ihn deshalb nicht korrigiert. Sobald sein Knabbern zum Beißen wurde und wehtat, habe ich ihn sofort korrigiert. Ich wollte ihm damit zeigen: Knabbern, erkunden, entdecken ist okay aber Beißen tut weh! Korrigiert habe ich, indem ich ihm eine „Auszeit“ gegeben habe. Wenn Cato gebissen hat, habe ich das Kuscheln abgebrochen, bin aufgestanden und für kurze Zeit aus dem Raum gegangen. Meistens saß er dann nur still da und hat mir hinterher geschaut. Wenn ich wieder zurückgekommen bin, haben wir weiter gekuschelt und meistens hat er dann begriffen, dass er nicht beißen sollte. Biss er doch wieder, habe ich das Kuscheln abermals unterbrochen. So hat er es schließlich gelernt: Korrektur, Auszeiten und sehr viel Geduld!

Jetzt, während des Zahnwechsels, ist das jedoch etwas anderes. Ich war so erleichtert, als er begriffen hatte, wie Beißhemmung funktioniert, dass ich unsagbar frustriert war, als er wieder damit anfing. Es hat einige Tage gedauert, bis ich gemerkt habe, dass es nicht das typische Beißen war, sondern Zahnschmerzen. Also kaufte ich ihm die leckersten Kauknochen, die ich bekommen konnte. Er ließ seine Beißwut an den Knochen aus und verlor dadurch einen Zahn nach dem anderen. 

Ironischer Weise hat er den ersten Eckzahn verloren, als er sich noch ein letztes Mal an meinem Unterarm ausprobierte. Ich saß neben ihm, er an seinem Knochen, ich arbeitete am Laptop. Innerhalb einer Sekunde drehte er sich zu mir, biss in meinen Arm, ich habe unwillkürlich aufgeschrieen und zack, war mein Arm voller Blut. Es war aber nicht meins, sondern Catos! Und da lag er Eckzahn auf meinem Arm. Er hat mich angeschaut als wollte er sagen: „Da hast du ihn, Mama: meinen Eckzahn, der dich immer so gestört hat.“ Ich bin direkt in die Küche geflitzt, habe ihm ein paar Eiswürfel gegeben, damit das Blut aus seinem Mund fließt und die Wunde gekühlt wird. Anschließend habe ich den besonderen Zahn gereinigt und halte ihn ab jetzt ewig in Ehren. Für Außenstehende ist schwer nachzuvollziehen, was mir der Zahn bedeutet und ein bisschen muss ich selbst darüber lachen! Aber er ist endlich raus, juhu!

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Die restlichen Eckzähne sind während des Fressens irgendwann einfach verschwunden. Wir haben es immer durch das Blut bemerkt, was an den Kauknochen klebte, gaben ihm Eiswürfel und nach wenigen Minuten war wieder alles okay. Inzwischen warten wir noch auf die Backenzähne… Überall lese und höre ich, dass die Backenzähne am schlimmsten seien. Irgendwie bilde ich mir ein, dass Cato zur Zeit nachts unruhiger ist, seine Knochen noch fester bearbeitet als sonst und versucht, die juckenden Backenzähne loszuwerden. Er scheint einen inneren Kampf zu führen und Schmerzen zu haben. Aber wir helfen ihm, so gut es geht. Im Eisfach liegen Eiswürfel, manche verfeinert mit Nektarinen und Wassermelone. Wir sind also einigermaßen vorbereitet auf das, was da noch kommt!

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